Viele Menschen fühlen sich gerade in diesen Tagen müde und niedergeschlagen. Der November weist die höchsten Suizidraten auf. Was passiert da eigentlich und was kann man gegen diese trübe Stimmung tun?
Kraftlos lässt sich Monika K. auf ihr Sofa fallen. Die 48jährige Verwaltungsfachangestellte kennt das schon. War der Sommer noch so sonnig und schön, das trübe Grau des Novembers schlägt ihr immer aufs Gemüt. Nach einem quälend langen Arbeitstag in ihrem kleinen dunkeln Büro schleppt sie sich nach Hause und möchte am liebsten sofort ins Bett. Wenn da nicht dieser Heißhunger auf Süßes wäre. Das bringt in jedem Winter mindestens fünf Kilo mehr auf die Waage.
So wie Monika geht es vielen Menschen, wenn die Tage im Herbst kürzer werden und das belebende Tageslicht schwindet. Die Wissenschaft bezeichnet diese saisonal auftretende, niedergeschlagene Stimmung mit der Abkürzung SAD (Seasonal Affective Disorder). Wir nennen das einfach Winterblues. Wie kommt es eigentlich zu diesen Symptomen und müssen wir uns da Sorgen machen?
Die Experten sind sich einig: Es hat etwas mit dem Lichtmangel zu tun. Wenn es dunkel wird, dann produziert die menschliche Zirbeldrüse verstärkt das Hormon Melatonin. Und das macht uns müde. Im Gegensatz dazu fehlt uns der Transmitterstoff Serotonin, der wird nämlich bei der Produktion von Melatonin benötigt. Das Fehlen dieses „Glückshormons“ bleibt vom Körper nicht unbeantwortet. Wir verspüren eine unbändige Lust auf Süßes. Zucker und einige Inhaltsstoffe der Schokolade verhelfen zum Aufbau von Serotonin.
In den lichtarmen Monaten sinkt auch der Vitamin D-Spiegel im Blut. Neben dem Knochenaufbau kann Vitamin D aber noch viel mehr. Studien belegen eine Schutzfunktion bei Erkältungen und sogar vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ebenso stärkt es uns gegen das Auftreten von Depressionen.
Keine Sorge; nicht jede saisonale Verstimmung mündet gleich in eine Depression. Gemeinsamkeiten sind die gedrückte, teils gereizte Stimmung, der Interessenverlust, Freudlosigkeit, Antriebsschwäche und der Energiemangel. Beim Winterblues haben wir, anders als bei einer klassischen Depression, Heißhunger auf Süßes und Kohlehydrate. Entsprechend nehmen wir an Gewicht zu. Die Depression geht eher mit Appetitlosigkeit einher. In der saisonalen Verstimmung verspüren wie ein großes Schlafbedürfnis und Tagesmüdigkeit. Kennzeichen von Depressionen sind dagegen Schlafstörungen, Früherwachen und das Morgentief. Wenn die Symptome mehr als 2 Wochen anhalten und zu der Antriebslosigkeit und trüben Stimmung auch noch Gefühle von Wertlosigkeit, mangelndes Selbstvertrauen, Hoffnungslosigkeit, unerklärliche Schmerzen und Gedanken über den Sinn des eigenen Lebens kommen, dann bitte unbedingt zum Arzt gehen!
Auf die herbstlich trüben Tage haben wir keinen Einfluss, wohl aber, wie wir damit umgehen. Deshalb einige Tipps, wie wir gut durch die dunkle Jahreszeit kommen.
- Licht tanken: Nutzen Sie die knappen Sonnenstrahlen intensiver und gehen Sie an die frische Luft. Wenn die Sonne draußen schon nicht scheint, dann holen Sie sich das Licht nach Hause. Für einen angemessenen Betrag gibt es Tageslichtlampen mit einer Lichtleistung von mindestens 10.000 Lux.
- Frisches Obst und Gemüse: Eine vitaminreiche und ausgewogene Kost ist in den Wintermonaten besonders wichtig. Es gibt wertvolle Helfer in Form von Bananen, Ananas und sogar Weintrauben. Vor allem dunkle Schokolade und Fisch fördern die Ausschüttung von Serotonin.
- Dem Tag Struktur geben: Mit Routinen und Ritualen lässt sich der Tag besser gestalten. Planen Sie ihre Arbeitszeiten genau so wie die Pausenzeiten. Wie wäre es in den Wintertagen mit regelmäßigen Treffen mit Kollegen und Freunden?
- Kreislauf in Schwung bringen: Jede sportliche Aktivität hilft. Auch Bewegung im Büro ist nicht abwegig. Mittlerweile gibt es viele Videoübungen im Internet, die sich wunderbar in den Büroalltag integrieren lassen. Regelmäßige Besuche im Fitnesscenter, sportliche Aktivitäten im Verein oder gar ein Tanzkurs sind empfehlenswert.
- Urlaub machen: Lassen Sie das miese Wetter doch einfach hinter sich. Ein Kurztrip in die Sonne bringt schöne Erinnerungen und neue Energie. Es darf natürlich auch ein verlängertes Wellness Wochenende in der Nähe sein.
- Wohlfühl-Atmosphäre schaffen: Hören Sie ihre Lieblingsmusik. Lassen Sie Farben in ihrer Wohnung sprechen. Dekorieren Sie ihr Zimmer um. Laden Sie ihren Partner zu einem Kinoabend oder einem romantischen Dinner ein.
- Raus an die frische Luft: Spaziergänge oder Joggen in angemessener Kleidung sind die erste Wahl, um aktiv etwas gegen den Winterblues zu unternehmen.
- Kuscheleinheiten: Bei körperlicher Berührung wird der Botenstoff Serotonin , unser „Glückshormon“ und andere Glücksbringer freigesetzt. Kuscheln leistet einen wichtigen Beitrag zur Überwindung trüber Stimmung. Eine zehnminütige Massage kann Wunder wirken.
- Achtsamkeitsübungen: Einige Therapeuten empfehlen Achtsamkeitsübungen bei Depression, depressiven Episoden, Angststörungen, bei Burnout und anderen Erkrankungen. Die Möglichkeiten sind in unzähligen Büchern und Onlineforen beschrieben.
Wenn wir uns in Gedanken an den vergangenen Sommer mit seinen lauen Abenden erinnern, dann kann uns der Winterblues doch keine Angst machen, oder?